"Heute hat meine Laufbahn angefangen“, schrieb die neunzehnjährige Mien Ruys (geb. 1904) in ihr Tagebuch. In der damals weltberühmten Staudengärtnerei Moerheim in Dedemsvaart
hatte man gerade einen zögernden Anfang mit einer kleinen Abteilung Gartenarchitektur gemacht. Mien übernahm schon bald die Führung, denn ihr Interesse galt nicht so sehr der Pflanzenzucht, sondern viel mehr der Anwendung im Garten und in der Landschaft.
Weil es damals in den Niederlanden auf diesem Gebiet noch keine Ausbildung gab, studierte sie einige Zeit in Berlin und machte darnach mehrere Praktika in England. Auch Fachliteratur gab es in dieser Zeit kaum oder gar nicht.
Um selber Erfahrungen zu sammeln, experimentierte sie mit Formen und Pflanzen im Gemüsegarten ihrer Eltern. Vom elterlichen Haus zog sie eine schnurgerade Linie durch den Garten bis unter die Obstbäume. Dort legte sie quer dazu einen Pfad an und genau in der Kreuzung einen kleinen viereckigen Teich. Um diesen Teich herum und unter die Bäume pflanzte sie Stauden, die sie schön fand. Nach einem Jahr war davon nur noch wenig übrig. Sie hatte Pflanzen gewählt, die heimisch sind auf kalkreichem Boden und auf dem sauren Boden in Dedemsvaart nicht gedeihen konnten. Mien Ruys hatte also die Wahl, entweder die Bodenbeschaffenheit zu ändern oder das Pflanzensortiment anzupassen. Sie entschied sich für das Letztere und hatte damit einen wichtigen Grundsatz für ihre Arbeit gefunden. Man muss Pflanzen wählen, die an dem jeweiligen Standort gedeihen können.
In den Dreiβigerjahren studierte sie einige Zeit Architektur und wurde dabei von der “Delftse school” beeinflusst, einer von schweren, vornehmen ,monumentalen Fassaden gekennzeichneten Architektur. Aber Schlichtheit und Klarheit waren ihr wichtiger und das führte dazu, dass sie sich einer Gruppe wichtiger Architekten aus Amsterdam(“de acht”) und Rotterdam(“de Opbouw) anschloss. Einige bekanntere Namen dieser Gruppe sind Merkelbach und Rietveld.
Ihre Entwürfe : Schlichtheit und Klarheit
Ihr Biograph Reinco Geertsema unterscheidet drei Perioden in ihrer Arbeit. Bis 1945 erhielt sie ihre Aufträge von Besitzern grösserer Privatgärten, worin die Staudenrabatte immer eine Hauptrolle spielte. Nach dem Krieg, der Zeit des Wiederaufbaus, arbeitete sie viel für Wohnungsbaugenossenschaften und gestaltete viele gemeinschaftliche Gärten. Viele Entwürfe waren gekennzeichnet von schrägen Linien. Auf der Suche nach einem optimalen Gebrauch des Aussenraumes entwarf sie Pfade,Terrassen und Pflanzenbeete unter einem schrägen Winkel zu den Gebäuden und in Kontrast damit. Sie bekam in dieser Periode den Spitznamen “Schuine (schräge) Mien”. Seit den Sechzigerjahren wurden die schrägen Linien wieder gerade und strenge Blöcke von geschnittenem Grün bildeten einen Kontrast zu dem überschwenglichem Gebrauch von Stauden.
Mien Ruys suchte immer nach der Essenz des Raumes und den Möglichkeiten, die eine bestimmte Stelle im Garten ihr bieten konnte, eine einfache, funktionelle Einteilung mit einer lockeren, natürlichen Bepflanzung. Lezteres unterschied sie von ihren Kollegen aus jener Zeit. Auch sie suchten nach Schlichtheit und Klarheit, empfanden aber gemischte Staudenrabatten als überflüssige Ausschmückungen.
Mien Ruys dagegen meinte, dass gerade Stauden das Naturempfinden in einem Garten ermöglichen, eine in ihren Augen wichtige Funktion des Gartens. Wahrscheinlich erhielt sie gerade deshalb viele Äufträge für Privatgärten und ihre Ideen fanden im Laufe der Zeit immer mehr Nachahmer.
Ihre Gärten.
Die Gärten Mien Ruys sind Versuchsgärten. Von Anfang an steht das Experimentieren im Vordergrund. Um Erfahrungen mit den Pflanzen , die in der Gärtnerei gezüchtet wurden, zu machen, experimentierte sie im Obstgarten und Gemüsegarten ihrer Eltern mit Pflanzen für Sonne und Schatten. Die ersten zwei Gärten gibt es noch immer: Den Wildgarten und das alte Versuchsfeld mit der grossen Rabatte. Im Laufe der Jahre folgten neue Experimente.
Ein bekanntes Experiment aus den Sechzigerjahren ist die Anwendung von Bahnschwellen, die zu einem ausgiebigen Einsatz von Bahnschwellen in den niederländischen Gärten führte Das verhalf ihr zu dem Namen “Bielzenmien”. Auch der Gebrauch von Waschbetonplatten (nl. Griontegel) stammt aus der Ideenküche von Mien Ruys. Ihre Erfahrungen waren in erster Linie bedeutend für ihr Gartenarchtekturbüro. Später konnten auch die Leser der von Mien Ruys gegründete Vierteljahrzeitschrift”Unser eigener Garten”und die Besucher der Gärten Mien Ruys reichlich von diesen Kenntnissen und Erfahrungen profitieren.
Mien Ruys starb 1999 in Dedemsvaart im Alter von 94 Jahren.
Im Digitalen Frauenlexikon der Niederlande gibt es ein große Kapitel über Mien Ruys.
Mien Ruys
Die ersten Anfänge ...